Ich habe Zürichs neuste gastronomische Hochburg besucht und in der Brasserie Bar L’Amant meinen kulinarischen Himmel gefunden.
Ich habe ein neues Lieblingswort, und das ist „pré-dessert“. Gelesen hab ich es in der Karte der Brasserie Bar L’Amant, dem neuen Schmuckstück der Zürcher Sihlcity. Ich sitze im Blue Room, dem etwas ruhigeren Teil des Restaurants, wohin ich auch meine Schwiegereltern einladen würde – wenn ich denn welche hätte. Denn: Was mir die Sprache verschlägt, macht auch bei anderen Eindruck. Gemütliche Stühle, in denen man selbst stundenlange Diskussionen mit dem Gegenüber locker wegsteckt, asiatische Lampen und Dekorationen, gerade so viel, dass man sich wohl und nicht überladen fühlt. Schick und einladend, der Interieur-Designer hat ganze Arbeit geleistet.
Frankreich trifft Asien
Der romantische Franzose küsst die zurückhaltende Asiatin: So könnte man das Konzept der Brasserie Bar L’Amant auch beschreiben. Eine Liaison, die funktioniert und von der Küchencrew zelebriert wird wie Shakespeares Romeo und Julia. Die Menükarte des Blue Room liest sich glücklicherweise einfacher als eine seitenlange Multiple-Choice-Prüfung: Je weniger Gerichte, desto kleiner die Angst, eine Leckerei zu verpassen. Ich gehe dennoch auf Nummer sicher und entscheide mich fürs kulinarische All-in: das 7-Gang-Menü samt passendem Wein. Und da steht es, an sechster Stelle, das Wort, das mein Herz mehr hüpfen lässt als ein Strauss roter Rosen am Valentinstag: „pré-dessert“. Doch bis es soweit ist, hält einen die Küchencrew richtig auf Trab. Tomatensuppe mit Fencheleinlage und Jakobsmuschel, geräucherte Entenbrust mit Blaukraut und Preiselbeere oder Kalbsrücken mit dem luftigsten Kartoffel-Trüffel-Schaum, den ich bisher kosten durfte. Alles mit so viel Detailtreue angerichtet, dass ich mir die Gerichte am liebsten zuhause als Dekoration an die Wand hängen würde.
Ein paar Gläschen, ein paar Spässchen
Als hätte man mich mit den einzelnen Leckereien nicht bereits komplett um den Finger gewickelt, sinke ich beim Genuss jedes einzelnen Weines noch mehr in den blauen Sessel. Und das, so darf ich sagen, liegt nicht nur am Alkohol. Wo Weine höchstens zaghaft mit den Menüs Händchen halten, tanzen sie in der Brasserie Bar L’Amant auf dem Tisch. Der Rosé Shiraz aus Thailand lässt mich an jedem anderen Glas Rosé zweifeln, an dem ich bisher genippt habe. Danach gibt es edle Tropfen aus Frankreich – jeder so einzigartig und perfekt ausgesucht, dass ich irgendwann nicht mehr aufs Etikett der Flasche schaue, sondern die Empfehlungen einfach entgegennehme wie ein abgerichteter Hund die Wünsche seines Herrchens. Sommelier, Kellner und Küchen-Team haben es darüber hinaus aber auch einfach im Griff, den Besuch in ihrem Zuhause zu einem Erlebnis zu machen. Es wird erklärt, was auf dem Teller liegt oder ins Glas kommt, jedoch so, dass auch ein kulinarischer Neuling mitkommt. Ein paar Spässchen liegen drin – mit ein Grund, weshalb ich mich hier sofort richtig wohl fühle. Die Bar Brasserie L’Amant beweist, dass gehobene Gastronomie nicht steif sein muss.
Samba und Tango
Dann endlich liegt es vor mir, das Dessert vor dem Dessert. Ein Traum aus Kirsche und Rotweinbutter, der die Zunge zum Dancefloor erklärt. Auf den Samba folgt mit der Nachspeise ein Tango, der keine Zweifel daran lässt, dass Himbeere und Vanille auf einen Löffel gehören. Dazu nippe ich an einem japanischen Pflaumenwein, der für sich alleine ein Dessert sein könnte. Beinahe bin ich versucht, mich gesättigt zurückzulehnen, da sehe ich aus dem Augenwinkel ein weiteres Tablett, dessen Köstlichkeiten auch den letzten Naschkasper zufrieden stellen sollten. Truffes, Pralinen, Kuchen, Zuckerwatte… alles so portioniert, dass man nicht anders kann als weiter zu schlemmen. Eines ist nach diesem Abend klar: Es braucht keinen besonderen Anlass, um in der Brasserie Bar L’Amant zu dinieren, aber Freude an richtig gutem Essen.
Brasserie Bar L’Amant
Sihlcity, Kalandergasse 1
8045 Zürich
www.lamant.ch