Patrick Pierazzoli: Was hätte sein können
Als Marke hat Nike eines der, wenn nicht sogar das bekannteste Logo, das je erstellt wurde. Lange bevor der Swoosh zu einer weltweiten Ikone wurde, und bevor Nike selbst Nike war, waren Phil Knight und Bill Bowerman noch als Blue Ribbon Sports tätig. Aus geschäftlichen Gründen wurde eine Namensänderung notwendig, und Knight hätte die Firma beinahe Dimension Six oder Falcon genannt, bevor Jeff Johnson, der erste Vollzeitangestellte der Firma, Nike, die griechische Siegesgöttin, vorschlug. Der Rest ist, wie man so schön sagt, Geschichte. Die Frage, was hätte sein können, wenn man anders entschieden hätte, beantwortet Nike jetzt mit dem „Classic Cortez Shoe Dog Pack“ (benannt nach Phil Knights Autobiographie „Dog Pack“), zwei Cortez-Sondermodellen, die letztlich nie zu Dimension Six oder Falcon wurden, sowie einem Paar mit dem originalen, schmalen Swoosh. Für 120 Dollar gibt’s die Nostalgie-Sneakers auf www.nike.com/launch zu kaufen. Wenn man sich denn für einen entscheiden kann.
Marina Warth: No Excuse
„Ich kann nicht mehr“, seufzt meine Freundin und schmeisst die Harke zur Seite. Ich schüttle den Kopf. „Weitermachen.“ Schliesslich ist es ihr Garten, den wir da in acht Stunden vom Langweiler zum Rockstar umgraben. Es ist nicht das erste Mal und wird bestimmt auch nicht der letzte Einsatz gewesen sein. Weshalb ich mich immer wieder in die Erde knie, Dünger streue, Rasen mähe und Blumenzwiebeln pflanze? Wegen des Workouts, das an der frischen Luft mehr Freude bereitet als im stickigen Gym. Wegen der Begeisterung über die spriessenden Gewächse, die jeden Tag ein Stück mehr in die Höhe schiessen, bis aus dem ebenerdigen Beet ein kleiner Dschungel geworden ist. Und tatsächlich, weil Freunde das eben so tun. Weil man einander hilft, früher beim Herzschmerz, heute bei der Hochzeit, damals mit den Hausaufgaben und dieser Tage mit dem Garten. Einander hängen lassen? Aufgeben? Gibt’s nicht. Weder beim Gärtnern, noch im Leben. Damit auch sie das nicht vergisst, die Freundin mit dem grünen Paradies, steht nun dieser Zwerg (Ottmar Hörl, „Sponti Gartenzwerg“, 37 x 15,5 x 12,5 cm, ca. 80.–) an ihrem Beet, der allen Freundschaftszweiflern den Stinkefinger entgegenstreckt.
Marco Rüegg: Mumbai Madness
Also sammelt Shiva der Erschaffer allen Wahnsinn der Erde, pflanzt ihn auf eine Landzunge im Arabischen Meer und formt ihn mit seinen blauen Fingern zu einem brodelnden, von bald 19 Millionen Menschen und zahllosen anderen Kreaturen besiedelten Potpourri. Utopie? Nein, eine Realität namens Mumbai. Mumbai ist Himmel, Mumbai ist die Hölle, und meist liegt bloss eine Strassenbreite dazwischen. Im Kino zeichnet Ritesh Batras „Photograph“ gerade ein sanft angekitschtes Bild der Stadt. „No Buddah in Suburbia“ hingegen, der 168-Seiten-Fotoband von Peter Bialobrezski (Hartmann Books, ca. 34.–), blickt schonungslos in die teilglobalisierte Fratze einer schizophrenen Megalopolis. Verstörend. Hypnotisch. Mumbai eben.