Weiche Matratzen, poliertes Silberbesteck? Brauchen wir alles nicht. Wir wollen Gastgeber, die auf unsere Meinung mehr geben als auf Michelin-Sterne und Hotel-Awards, die für das leben, was sie in der Pfanne brutzeln oder noch immer jedes Mal stolz die Brust schwellen, wenn sie ihre eigenen Hotelzimmer betreten. Wir zeigen Ihnen die coolen Socken unter den Hoteliers, Küchenchefs und Restaurantbesitzern, deren Rüstung unter Hemd oder Schürze blanker glänzt als der hellste Kronleuchter.
Flammen und Feuer, brodelnde Töpfe und scharfe Messer. Was die Küche vom Inferno der Unterwelt unterscheidet? Menschen wie Pascal Kleber, Chef des Belvoir Restaurant & Grill in Rüschlikon. Bei Kleber knallt der Dampf im Stress nämlich nicht aus den Ohren, sondern höchstens aus dem Auspuff seiner geliebten Harley.
FACES: Wie sind Sie zu Ihrem Beruf gekommen?
Pascal Kleber: Kochen ist für mich der schönste Beruf der Welt, und ich wollte nie etwas anderes lernen. Erste Gehversuche machte ich in einem Restaurant am Zollikerberg, zwei Minuten von meinem Elternhaus entfernt. Eine Schnupperlehre mit zwölf bestätigte dann mein Vorhaben, und mit 16 begann ich meine Kochlehre im 5-Sterne-Hotel Schweizerhof am Bahnhof Zürich.
F: Wie beschreiben Sie das Belvoir Restaurant & Grill in einem Satz?
PK: „Fine Dining“ mit atemberaubender Seesicht.
F: Von der Idee übers Konzept bis zum vollendeten Restaurant: Wie lange haben Sie für diesen Weg gebraucht?
PK: Das Kochen und damit auch unser Restaurant sind für mich in permanenter Entwicklung, da ist man in dem Sinne nie fertig. Laufend kommen neue Koch-Techniken hinzu.
F: Weshalb sollten wir unbedingt bei Ihnen speisen?
PK: Jeden zweiten Monat wechsle ich die Hälfte meiner Speisekarte aus, um garantiert saisonal unterwegs zu sein. Wenn immer möglich, suche ich nach dem Speziellen aus der Gegend, von Bauern und Lieferanten, die ich kenne: Ormalinger Bio-Jungschwein zum Beispiel. Und natürlich darf ich auch meine 14 Gault-Millau-Punkte nicht verschweigen, über die ich mich sehr freue. Last but not least: Wir haben eine traumhafte Sicht über den Zürichsee und die Glarner Alpen!
F: Woran müssen Hosts denken, worüber sich andere keine Gedanken machen?
PK: Fair Trade und Food Waste sind beides Themen, die man in unserer Branche nicht ignorieren kann und auch nicht sollte.
F: Worüber machen Sie sich zu viele Sorgen?
PK: Ob es meinen Bienen in ihrem kleinen Bienenhotel auf dem Dach des Hotel Belvoir gut geht. Elf Kilo hauseigener Honig waren es heuer, aber für unser Frühstücksbuffet könnten es ruhig noch etwas mehr sein.
F: Wie sind Sie als Chef?
PK: Klar, direkt, fair. Und: Ich setze mich für mein Team ein.
F: Welche Eigenschaften braucht ein guter Gastgeber?
PK: Er muss seinen Beruf lieben.
F: Welche Gäste mögen Sie am liebsten?
PK: Gäste, die uns besuchen, um kulinarisch verwöhnt zu werden, die Mahlzeiten nicht als reine
Nahrungsaufnahme anschauen.
F: Was können Sie bei Gästen nicht leiden?
PK: Hobby-Veganer, die den ganzen Abend vegan essen (wenn man etwas Besonderes
serviert – und das ist immer mein Anspruch –, ist der Aufwand entsprechend hoch), dann aber zum Dessert eine Mousse au Chocolat bestellen, mit
der Anmerkung, einmal sei ja nicht so schlimm.
F: Was ist Ihr Anspruch an Ihre Gastronomie, und wie haben sich die Ansprüche Ihrer Gäste in den vergangenen Jahren verändert?
PK: Bei uns zu speisen, soll für meine Gäste eine Inspiration sein, und ich versuche selbst, eine zu sein und immer neue Ideen zu kreieren. Routine
und immer das Gleiche sind nicht mein Ding. Als ich jüngst beispielsweise mit meiner Frau ihre Verwandten in Portugal besuchte, gab es danach
in Rüschlikon am Zürichsee eine neu interpretierte „Feijoada“. Man muss viel arbeiten, um das Niveau zu halten, und ich will stets dazulernen – ich hoffe, ich kann so den sich wandelnden Ansprüchen meiner Gäste genügen.
F: Als Gastgeber erleben Sie einen spannenden Alltag. Welche Geschichte müssen Sie uns unbedingt erzählen?
PK: Wenn bei uns die Eier ausgehen, dann hole ich – mit meiner geliebten Harley Davidson, versteht sich – beim Bauern in Rüschlikon Nachschub. Lustig finde ich dann immer, wenn sich alle Sorgen machen, ob die Eier auch heil bei uns ankommen… ich bin doch Profi und fahre außerdem seit 27 Jahren Harley Davidson!
F: Worauf achten Sie, wenn Sie selbst auswärts speisen?
PK: Egal, ob ich einen Gourmettempel oder die Pizzeria im Dorf besuche – es geht mir immer um Qualität.
F: Welches ist das beste Restaurant der Welt (ausser dem Belvoir Restaurant & Grill), in dem Sie selber bereits gegessen haben?
PK: Das 25-Gang Menü bei „Gaggan“ in Bangkok war bis anhin mein absolutes Highlight.
F: Welches Restaurant würden Sie selber gerne besitzen?
PK: Besitzen ist nicht mein Ding – ich bleibe lieber angestellt.
F: Was kochen Sie für sich selbst?
PK: Um mich inspirieren zu lassen, gehe ich in meiner Freizeit oft auswärts essen. Wenn ich jedoch zu Hause koche, dann am liebsten einen Parma-Schinken, hauchdünn aufgeschnitten mit meiner Berkel-Maschine, dazu perfekt zubereitete Pasta.
F: Wo kochen Sie privat?
PK: In einer ganz normalen Wohnung in Uitikon.
Das sagt Pascal Kleber zu…
Avocado: vielseitig einsetzbar
Toast Hawaii: Soll essen, wer’s mag
Molekularküche: Kochen hat schon immer damit zu tun, dass man weiß, was mit Lebensmitteln geschieht, wenn man sie verarbeitet. Die sogenannte Molekularküche hat uns das nur verdeutlicht.
Sprühsahne: bäh
Vorgeschnittenes Brot: nicht korrekte Behandlung für ein super Lebensmittel
Aromat: Ein absolutes No-Go. Gilt übrigens auch für Maggi.
Tofu: Wie bei allem, sollte man auch hier nur Topqualität verwenden.
Nose to tail: Eigentlich schade, dass viele Leute erst darauf gebracht werden mussten, dass ein Tier nicht nur aus Filets besteht.
Vegane Wurst: Unnötig, es gibt genug vegane Lebensmittel.
Nutella: Ich bevorzuge Honig.
Thermomix: Brauch ich täglich.
Mikrowelle: für gewisse Dinge unverzichtbar
Chia: unbestritten gesund
Welches Produkt machen Sie nicht selber?
Olivenöl
Pascal Kleber
Küchenchef des Belvoir Restaurant & Grill / 48 Jahre / sammelt Kochbücher (über 80) und Tattoos (Highlight: der Harley-Motor auf seinem Rücken)
Was andere als Erwachsene nicht wissen, weiß Pascal Kleber bereits mit zwölf. Er will brutzeln und garen, schnippeln und rühren. Die Schnupperlehre bestätigt den Berufswunsch, der gleichzeitig aufblüht wie die Leidenschaft für brüllende Motoren. Was er während der Kochlehre im Zürcher Schweizerhof verdient, wandert ins Sparschwein, das irgendwann für eine Harley Davidson sein Leben lässt. Auf deren Rücken reist er von Apulien über Schottland bis Finnland und bringt neben der gebräunten Nase auch tonnenweise Inspiration zurück an den Zürichsee. Nose-to-Tail heisst sein Konzept, denn Filet könne ja jeder, so Kleber.