Mathilde Laurent ist die Nase hinter den Parfums von Cartier. ParfumeurIn ist ein Beruf mit Rockstar-Appeal und Glamour und einer, den man mit ganzer Passion verfolgt. Im Interview lässt die Französin, die ihr Handwerk in Versailles gelernt hat, tief ins Parfum-Universum blicken und spricht zudem über „La Panthère“, ihr Meisterwerk für Cartier.
FACES: Was braucht ein Duft, damit er zur Ikone wird?
Mathilde Laurent: Er muss einzigartig sein! Man darf ihn noch nie zuvor gerochen haben, er muss einem aber dennoch so vertraut sein, als ob man ihn schon sein ganzes Leben kennen würde. Darüber hinaus muss ein ikonisches Parfum zeitlos sein, denn kein Trend hält sich ewig. Im Gegenteil: Eine richtige Ikone muss Trends sogar übertreffen!
FACES: Was ist Ihr Markenzeichen in Ihrer Arbeit als Parfumeurin?
Mathilde Laurent: Ich verwende die wichtigsten Inhaltsstoffe bis zur Überdosis und platziere um sie herum so wenig Überflüssiges wie möglich. Es ist die Einfachheit, die Emotionen schafft. Während andere mit einer Vielzahl von Ingredienzien arbeiten, mag ich es, Solisten zu haben, die umgeben von einem Chor funktionieren. Stellen Sie sich ein Quintett vor, dem Sie eine gedämpfte Melodie hinzufügen, oder einen Synthesizer, den Sie mit Streichinstrumenten kombinieren. Ich mag Kontraste und die Verbindung von Dingen, die eigentlich widersprüchlich sind. Ein Parfum von Cartier verstehe ich als unsichtbares Schmuckstück. Denn es ist wie bei den Diamanten: Hat man ein außergewöhnliches Exemplar, dann ist es gar nicht nötig, noch mehr tolle Stücke hinzuzufügen. Der eine Diamant glänzt dann ganz für sich alleine. Deshalb gilt: Wenn ich mich an die Kreation eines Parfums mache, dann finde ich Inspiration in der reinsten und seltensten Version eines bestimmten Inhaltsstoffes.
FACES: Was ist der Unterschied zwischen High Perfumery und klassischen Parfums?
Mathilde Laurent: Klassische Parfums bieten eine universelle, zeitlose und unverwechselbare Signatur, die die Geschichte einer Marke erzählt. Dagegen richtet sich High Perfumery eher an KennerInnen und zeichnet sich durch ihre Forschung und einzigartige Akkorde und Ingredienzien aus. Solche Parfums sind etwas für Menschen, die sich gut damit auskennen und nach einzigartigen, kreativen Wässerchen suchen, die sie überraschen.
FACES: Verstehen Sie Ihr Handwerk als Parfümeurin auch als Kunst?
Mathilde Laurent: Ja, in jedem Fall. Das Parfum-Handwerk ist in jeder Hinsicht eine Kunst. ParfumeurInnen drücken damit ihre Visionen aus, ihre Weltanschauung, Sprache und Ästhetik, die genauso emotional wie körperlich sein können. Wie Picasso, der die Kunst als Lüge bezeichnete, die die Wahrheit sagt, will die Parfumkunst die Welt zeigen, die sich von der Natur inspirieren lässt. Während wir ParfumeurInnen versuchen, Perfektion einzufangen, erkennen wir gleichwohl deren Kluft zur Realität – das ist ähnlich wie in der Malerei.
FACES: Tragen Sie persönlich überhaupt Parfum, und wenn ja, tragen Sie diejenigen Düfte, die Sie selbst kreiert haben?
Mathile Laurent: Zur Arbeit trage ich nie Parfum und auch sonst nicht täglich. Würde ich das tun, wäre meine Nase bei der Ankunft im Büro bereits vollständig mit den Inhaltsstoffen meines Parfums gesättigt und es für mich deshalb unmöglich, objektiv zu arbeiten. Aus demselben Grund trage ich auch nie den Duft, an dem ich gerade arbeite. Ich bitte zwar stets meine MitarbeiterInnen, den Duft zu tragen, damit ich sehe, wie dieser an unterschiedlichen Menschen funktioniert. Habe ich ein Parfum erst einmal fertig gestellt, dann mag ich es, dieses in meiner Umgebung, an meinen ArbeitskollegInnen oder meinen FreundInnen zu riechen. Selbst trage ich Parfum vielleicht einmal im Monat und dann nur diejenigen, die mich komplett umgehauen haben, und Düfte, die mich dazu bringen, die Parfumkunst noch mehr zu lieben.
FACES: Was halten Sie von Parfum-Layering, also der Idee, mehrere Parfums übereinander und in Kombination zu tragen?
Mathilde Laurent: Layering ist eine Form von Freiheit, die man unbedingt ausleben sollte. Allerdings sollte man etwas aufpassen, wenn es um das Mischen mehrerer sehr kraftvoller Parfums geht, die sehr intensiv und komplex sind. Es ist wie beim Kochen: Mischt man zu viele verschiedene Zutaten miteinander, dann kann es sein, dass man am Ende gar nichts mehr erkennt und herausschmeckt.
FACES: Was ist Ihr Tipp, um für sich selbst ein passendes Parfum auszuwählen?
Mathilde Laurent: Ein Parfum sollte man nicht mit dem Verstand, sondern mit dem Herzen wählen. Begegnen wir einem Duft, den wir leben, dann stellen wir keine Fragen. Neugierde und Liebe sind die beiden Emotionen, die vorhanden sein müssen. Darüber hinaus gibt es keine anderen Regeln, die man bei der Auswahl eines Parfums beachten muss. Bei Parfums ist es wie in der Liebe: Manchmal reicht ein Moment, und man ist bis über beide Ohren verliebt. Meiner Meinung nach ist es das Wichtigste, stets neugierig und mit offenem Herzen durch die Welt zu gehen, Düfte zu riechen, Menschen und ihre Parfums wahrzunehmen und verschiedene Inhaltsstoffe zu entdecken, wenn man die Gelegenheit dazu hat. Es ist falsch, sich von seinen Vorlieben oder Abneigungen leiten zu lassen und sich zum Beispiel nur auf eine Duftfamilie zu beschränken.
FACES: Wie schaffen Sie es, gewisse Emotionen durch Ihre Düfte zu transportieren?
Mathilde Laurent: Indem ich es gar nicht erst versuche. Als Parfumeurin kann ich die Emotionen, die mein Duft hervorruft, nicht vorhersehen, denn diese sind stets mit Erfahrungen verbunden, die jemand gemacht hat. Die olfaktorische Biographie spielt eine wichtige Rolle dabei, wie jemand gewisse Ingredienzen aufnimmt. Eine ParfumeurIn kann dabei nur versuchen, Empfindungen zu vermitteln. Ein Beispiel: Blumige Noten versetzen einen Menschen etwa in die Natur, süße erinnern an Genuss, frische an Sommer oder ein kühles Getränk. Was die Menschen allerdings fühlen, wenn sie diese Dinge im Kopf haben, kann niemand wissen – das ist sehr individuell und persönlich.
FACES: Was macht „La Panthère“ von Cartier so besonders?
Mathilde Laurent: „La Panthère“ ist ein absolut zeitloser Duft, der sich an alle Frauen richtet. Er verkörpert Weiblichkeit, die von Frauen tatsächlich als solche wahrgenommen wird.
FACES: Welche Inhaltsstoffe machen „La Panthère“ zur Ikone?
Mathilde Laurent: Die Sucht nach diesem Duft basiert meiner Meinung nach darauf, dass man „La Panthère“ erschnuppert und sich davon überraschen lässt, gleichzeitig aber auch dieses vertraute Gefühl verspürt. Das liegt zum Beispiel am blumigen Fauve-Akkord, der das Parfum zwar einzigartig macht, der aber auch dafür sorgt, dass es allen vertraut ist, die es riechen. Die für diesen Akkord verwendete Kombination aus Chypre und tierischem Moschus macht den Duft so sinnlich und warm.
FACES: Wie lautete Cartiers Briefing für „La Panthère“?
Mathilde Laurent: Es gab gar kein Briefing im klassischen Sinne. Die Idee war, ein zeitloses Parfum zu kreieren, das zur Ikone werden könnte, keinen Trends hinterherjagt und gleichzeitig den Stil und die Eleganz der Marke verkörpert.
Cartier: La Panthère
2014 erscheint Cartiers Ikone „La Panthère“ zum ersten Mal auf der Bildfläche. Die Komposition aus Aprikose, Chypre und Gardenie schlägt ein, die Damen reißen sich um den schicken Flakon und dieses Wässerchen, von dem niemand genug kriegen kann. 2024 entscheidet sich Cartier dafür, dem bekannten Flakon der Umwelt zu Liebe einen Neuschliff zu verpassen. Weniger Glas, weniger Plastik und ein Stopfen aus 94 Prozent recycelbarem Aluminium machen „La Panthère“ fit für die Zukunft.
Cartier, „La Panthère“, 50 ml, ca. 105.– (cartier.com)
Lust, noch mehr über Cartier zu erfahren? Wir blicken hinter die Kulissen und verraten dir hier, was hinter der Marke steckt.
Fotos: @ Cartier