Louis Vuitton feiert dieses Jahr seinen 160. Geburtstag. Statt sich beschenken zu lassen, spendet das Label der Pariser Bevölkerung die „Fondation Louis Vuitton“, die am 27. Oktober eröffnet wird. Architekt des Museums ist kein Geringerer als Frank O’Gehry.
Es soll ein Geschenk an die Stadt Paris sein. Ein äusserst grosszügiges, ehrlich gesagt. Rund 100 Millionen Euro haben die 11’700 Quadratmeter Ausstellungsfläche gekostet, die Louis Vuitton mitten im Bois de Boulogne in Paris aus dem Boden stampfte. Angesichts des expressiven Designs des Museums lässt sich auch relativ schnell der Architekt der „Fondation Louis Vuitton“ ausfindig machen: der kanadische Stararchitekt Frank O’Gehry. Ihm wird auch die erste temporäre Ausstellung im von Louis Vuitton gesponserten Museum gewidmet. In den restlichen Galerien werden nach der Eröffnung am 27. Oktober zeitgenössische Ausstellungen mit Werken aus dem 20. und 21. Jahrhundert und Louis Vuittons hauseigene Kunstsammlung beherbergt. In den 160 vergangenen Jahren hat sich in der Schatzkammer des Luxuslabels bestimmt einiges an kostbarer und sehenswerter Kunst angesammelt…
Frank O’Gehry
Oder besser gesagt Ephraim Goldberg – seine Frau riet ihm, sich einen etwas „zeitgenössischeren“ Namen zuzulegen – gilt als einer der namhaftesten Architekten der Gegenwart. Neben Daniel Libeskind und Zaha Hadid, die alle einen wichtigen Beitrag zur modernen Architektur beigetragen haben oder dies noch immer tun, hat O’Gehry den wohl ausgeprägtesten Stil, dem es an Wiedererkennungswert nicht mangelt. Seinen ersten Tritt auf die grosse Karriereleiter wagte er mit der Umgestaltung seines Wohnhauses in Santa Monica. Damit legte er bereits in den frühen 80er Jahren nicht nur den Grundstein für seinen eigenen Erfolg, sondern auch für den Architekturstil Dekonstruktivismus, der vor allem in den 90er Jahren sehr populär war. Das Wohnhaus aus den 1920er Jahren, das Frank O’Gehry nach seinen eigenen Vorstellungen umbauen liess, wurde später vom American Institute of Architects ausgezeichnet – und schon regnete es die ersten Lorbeeren.
Der Durchbruch
Natürlich darf man, selbst wenn das Wohnhaus in Santa Monica nur schon aus ästhetischer Sicht einiges spannender ist, dem von Frank O’Gehry absolvierten Architekturstudium an der University of Southern California die Wichtigkeit für seine Karriere nicht aberkennen. Bestimmt leistete auch das darauffolgende Studium zum Stadtplaner an der Harvard Graduate School of Design seinen Beitrag zur Karriere. Schliesslich muss der für Laien etwas wirre Baustil gelernt sein – da steckt eindeutig mehr dahinter als ein bisschen Häuschen bauen nach Lehrbuch. Nämlich ein bombenfestes, erdbebensicheres Betonfundament mit Armierungseisen und allem, was sonst noch dazu gehört.
Und auf dieses Fundament lässt sich bauen. Mit den zwei Uni-Diplomen in der Tasche gründete O’Gehry sein eigenes Architekturbüro Gehry Partners, LLP. Sein Wagemut zahlte sich aus: Mit dem Entwurf des California Aerospace Museum in Los Angeles 1982 gelang ihm der Durchbruch – selbst wenn damals der typische „Gehry-Stil“ noch nicht allzu ausgeprägt war.
Dekonstruktivismus in Deutschland
Auch in Deutschland musste man nicht lange darauf warten, bis O’Gehry Bauland mit einem skulpturähnlichen Gebäude bepflanzte. Das Vitra-Design-Museum in Weil am Rhein widerspiegelt unverkennbar die Genialität seiner Entwürfe. Von aussen betrachtet, kann man sich das Gebäude kaum für Ausstellungszwecke vorstellen. Verschachtelt, kompliziert und irgendwie ohne sinnvolles Raumkonzept – für den gemeinen Betrachter jedenfalls. Aber nicht umsonst wird der Architekt in den Himmel gelobt: Die Innenarchitektur ist, ganz anders als das äussere Erscheinungsbild, funktional gestaltet und stellt für die ausgestellten Werke keine Konkurrenz dar.
Bedeutende Werke
Der Stil des mittlerweile in den USA lebenden Architekten jüdischer Abstammung schien den Nerv der Zeit getroffen zu haben und piekst noch immer darauf rum – Aufträge aus der ganzen Welt landeten bereits auf den Bürotischen der Gehry Partners, LLP: Das Guggenheim Museum in Bilbao (wohl das bekannteste Werk des Architekten), der „Neue Zollhof“ in Düsseldorf, die Walt Disney Concert Hall in Los Angeles und der Gehry-Tower in Hannover, um nur ein paar wenige seiner bekanntesten Arbeiten zu nennen. Mit der „Fondation Louis Vuitton“ darf der mittlerweile etwas in die Jahre gekommene Stararchitekt – der gute Herr ist auch schon 85 Jahre alt – ein weiteres Projekt von der „to-do-Liste“ streichen. Dass der Senior bald seinen Job an den Nagel hängt und seinen mehr als nur wohlverdienten Ruhestand geniesst, scheint aber noch kein Thema zu sein. Wäre auch zu schade…