Kunst, Kommerz, KI – wie navigieren kreative VorreiterInnen durch die Herausforderungen der Gegenwart und Zukunft? Gemeinsam mit Zalando haben wir bei ProponentInnen aus Berlin, Wien und Zürich nachgefragt.
Wien kann Walzer. Aber noch so viel mehr. Auch dank Laureen Olivia Drexler. Die Tänzerin und Choreographin sagt auf der Bühne mit den Bewegungen ihres Körpers oft mehr, als es tausend Buchseiten zustande brächten. Im vergangenen Jahr gründete Laureen mit dem LOD Collective ihren eigenen Verbund für zeitgenössischen Tanz. Im Interview verrät sie uns, welche Musik sie privat in Bewegung versetzt und was ihre Kreativität auf Höhenflüge bringt.
Faces: Was sind drei Eigenschaften, die jede Tänzerin mitbringen sollte?
Laureen Olivia Drexler: Disziplin, Leidenschaft und Ausdruckskraft. Disziplin ist die Basis, auf der ich meine kontinuierliche Weiterentwicklung aufbaue. Leidenschaft ist das, was mich antreibt – auch an Tagen, an denen es herausfordernd ist. Ausdruckskraft ist für mich wichtig, um Tanz mehr als nur eine Abfolge von Bewegungen sein zu lassen. Sie macht die Bewegung zu einer persönlichen und emotionalen Sprache, mit der ich kommunizieren kann.
F: Was hast du durch deinen Beruf über den menschlichen Körper gelernt?
LOD: Wie viel der Körper uns mitteilt, wenn wir wirklich auf ihn hören. Er zeigt mir nicht nur, wo Spannungen oder Schmerzen sitzen, sondern auch, wie ich mich emotional fühle. Der Körper kommuniziert ständig mit uns – wenn man wirklich auf diese Signale hört, entsteht eine authentische Verbindung zwischen innerem Empfinden und äußerer Bewegung. Ich habe gelernt, dass die ehrlichsten Bewegungen von innen kommen.
F: Zu welchem Song tanzt du privat am liebsten?
LOD: Das ändert sich ständig, weil Musik ein großer Auslöser für meine Inspiration ist. Momentan liebe ich es, zu atmosphärischen, hypnotischen Stücken zu tanzen, zum Beispiel „24.03“ von Hania Rani. Sie inspiriert mich durch ihre emotionalen und intensiven Sounds.
F: Welche technische Innovation hat dein Leben in den vergangenen fünf Jahren am meisten erleichtert?
LOD: Definitiv Spotify. Es ist ein unglaublich wertvolles Tool, um neue, spannende Musik zu entdecken. Es gibt mir Zugang zu einer riesigen Vielfalt an Musik, die ich für meine Projekte nutzen kann.
F: Welchem technologischen Hype stehst du misstrauisch gegenüber?
LOD: Künstlicher Intelligenz in kreativen Berufen. Ich sehe das Potenzial, aber ich habe Bedenken, dass sie den menschlichen, emotionalen Kern von Kunst verliert. Gerade in einer Zeit, in der unser Alltag zunehmend von KI geprägt wird, halte ich es für umso wichtiger, mehr Raum für den Tanz zu schaffen. Er bringt uns zurück ins Hier und Jetzt und verbindet uns wieder mit unseren Körpern.
F: Wie kann Kunst aus der Flut von Content herausstechen?
LOD: Kunst, die wirklich emotional berührt und das Menschliche in den Vordergrund stellt. Besonders Live-Performances haben eine unvergleichliche Kraft, da sie direkte, ungefilterte Momente schaffen, die schwer durch digitalen Content zu ersetzen sind.
F: Schließen sich Kunst und Kommerz grundsätzlich aus?
LOD: Nicht unbedingt. In den letzten Jahren habe ich gesehen, wie zeitgenössischer Tanz und andere Kunstformen zunehmend in Werbekampagnen integriert werden. Es gibt Beispiele, wo diese Zusammenarbeit unglaublich inspirierend und kunstvoll ist.
F: Was beflügelt deine Kreativität?
LOD: Musik ist eine meiner größten Inspirationsquellen. Aber auch andere Performances und Menschen auf der Bühne zu sehen, regt meine Fantasie an. Vor allem visuelle Eindrücke, zum Beispiel ein Bild von der Natur oder ein Kunstobjekt, inspirieren mich oft zu neuen Ideen für Bewegungen und Choreografien.
F: Was hoffst du, durch deine Projekte in den Menschen auszulösen?
LOD: Ich möchte Menschen emotional bewegen und sie einladen, tief in die Performance einzutauchen. In dem Moment, in dem sie eine Performance erleben, sollen sie sich verlieren und die entstandenen Gefühle auch nach der Vorstellung in Erinnerung behalten und weiterfühlen.
F: Welche künstlerische Subkultur oder Persönlichkeit verdient mehr Aufmerksamkeit?
LOD: Der zeitgenössische Tanz verdient definitiv mehr Aufmerksamkeit. Obwohl er in bestimmten Kontexten den Sprung in den Mainstream schafft, wird er in vielen Kreisen noch nicht als eigenständige und geschätzte Kunstform wahrgenommen. Dabei thematisiert er sehr spannende und aktuelle Themen und kann auf tiefgreifende emotionale Weise berühren.
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Website von Laureen
Fashion Editorial „Street Icons“ für Zalando mit Tilt, Laureen Olivia Drexler und Ozelot auf faces.ch.