Wie entflieht man einem grauen Herbst? Indem man Italiens Sonne ins Weinglas einschenkt. Alles, was du zum Franciacorta, der mediterranen Antwort auf Champagner, wissen musst.
Geschichten über Wein sind immer auch Geschichten über das Land, aus dem er wächst. Kein anderes Genussgetränk pflegt eine so enge und mystische Beziehung mit dem Boden seiner Herkunft und dem Klima, das ihn umgibt. So wird jede Flasche zu einer Postkarte für den Gaumen und jeder Schluck eine Reise in die Ferne und durch die Zeit.
Doch welche Geschichte erzählen uns die Reben von Franciacorta, Heimat von Italiens delikatem Schaumwein? Vielleicht, dass sie einst den berühmtesten Dichter des Landes zu seiner Odyssee zwischen Himmel und Hölle inspiriert haben sollen? Doch dazu später mehr.
Franciacorta liegt in der Lombardei am Ufer vom Lago d’Iseo, dem viertgrößten Binnengewässer Italiens. Aus diesem ragen unter anderem die Monte Isola mit ihrem malerischen Dörfchen sowie die Isola di San Paolo, ein Privatbesitz der legendären Waffenschmied-Dynastie Beretta. Südlich beginnt das Weinanbaugebiet. Verteilt auf knapp zwei Dutzend Gemeinden wächst auf circa 3’000 Hektar Italiens Variante des Champagners.
Eingerahmt von den Hügeln der Lombardei profitiert die Traube von einer mineralstoffreichen Erde, die auf Moränen aus der Eiszeit zurückführt. Die mediterrane Witterung, abgemildert durch den Iseosee, schafft ebenfalls ideale Bedingungen für die Aufzucht und Ernte von Chardonnay, Pinot noir und Pinot blanc sowie Erbamat – eine spätreife Traubensorte aus der Region.
Bereits zu Zeiten des Römischen Imperiums wurde hier Wein angepflanzt. Später unter anderem auf den Hügeln um die Burg Lantieri bei Paratico. Hierhin soll es auch Dante Alighieri im Jahr 1311 für einige Zeit verschlagen haben, nachdem er von seiner Heimat Florenz mit einem Exil belegt worden war. Spiralartig zogen sich die Rebstöcke am Pfad zur Burg empor. Ein Bild, das den Dichter und Philosophen der Legende nach womöglich für sein Opus Magnum „La Divina Commedia“ inspiriert hat. In der Göttlichen Komödie folgt Dante – Hauptfigur seiner eigenen Erzählung – dem römischen Dichter Vergil aus der Hölle hinauf zum trichterförmigen Berg des Purgatoriums und schließlich ins Paradies.
Der Geschichte verbunden, der Zukunft verpflichtet
Wie himmlisch die Schaumweine aus Franciacorta einmal werden, davon konnte Dante zu Lebzeiten noch nichts ahnen. Tatsächlich erlangte das Anbaugebiet erst Jahrhunderte später überregionale Bedeutung. 1961 produzierte Franco Ziliani die ersten Schaumweine in der Region nach der Metodo classico, derselben Flaschengärung wie sie bei der Herstellung von Champagner angewendet wird. Andere Weingüter in der Gegend taten es ihm gleich und schon bald sprudelten unter der goldenen Sonne der Lombardei die edlen Tropfen hinaus in die Welt. Inzwischen werden jährlich über 20 Millionen Flaschen verkauft, mit der Schweiz als wichtigster Exportmarkt.
Der internationale Erfolg beruht auf regionaler Exzellenz. Seit 1995 trägt der Schaumwein das Gütesiegel DOCG (Denominazione di Origine Controllata e Garantita), mit dem ausschließlich Produkte von höchster Qualität aus regionaler und authentischer Herstellung ausgezeichnet werden. Für den Franciacorta bedeutet das unter anderem, während 18 Monaten auf der Hefe zu ruhen. Der Riserva bleibt gar fünf Jahre lang gelagert, bis er in den Verkauf gelangt. So traditionell die Methoden, so zukunftsorientiert auch die Herstellung. Bereits zwei Drittel des Weinanbaugebiets werden biologisch bewirtschaftet und durch regelmäßige Projekte wie das F.A.Re.Su.Bio wird die Nachhaltigkeit der Industrie weiter gefördert.
Il nostro menu di Franciacorta 🤌
Doch lassen wir die Korken endlich knallen und beantworten die Frage, zu welchen Köstlichkeiten der Franciacorta besonders gut passt. Für einen mediterranen Aperitivo gehört eine Flasche so fix auf die Tafel wie das Weiss in die Flagge Italiens. Doch auch als Begleitung zum Menü eignet sich der Franciacorta ausgezeichnet. Für die verschiedenen Varianten empfehlen wir beispielsweise:
Für eine Antipasti di pesce ergänzt der Franciacorta Satén – komplett aus weißen Trauben gewonnen – perfekt Fisch und Meeresfrüchte. Auch ein Risotto agli asparagi harmoniert ausgezeichnet mit diesem Brut.
Die Flasche naturherben Franciacorta öffnen wir zu einem Manzo all’Olio di Rovato. Das Rezept für diesen Rinderbraten mit Sardellen und Olivenöl stammt aus der Region von Brescia und wird hervorragend mit einer Polenta ergänzt. Als vegetarische Alternative eignet sich auch ein Couscous mit geröstetem Gemüse und Oliven.
Und zum Essen doch bitte auch gleich dieses Album auflegen, damit das lombardische Ambiente fast schon von der Decke tropft.
(Wir pausieren diesen Artikel kurz für alle, die bei dieser Lektüre so hungrig geworden sind, dass jetzt ein Gang zum Kühlschrank nötig ist.)
Nächster Urlaub? Gebucht!
Wem Franciacorta nicht nur auf der Zunge zergehen soll, sondern auch die übrigen Sinne umschmeicheln, packt am besten den Koffer und sattelt die Vespa. Oder nimmt den Zug. Denn in der Region kann man die zahlreichen Weingüter, ihre antiken Residenzen und weitere Sehenswürdigkeiten durch maßgeschneiderte Rundreisen entdecken. Das ganze Jahr über ziehen Festivals und Workshops Gäste aus aller Welt an – trotzdem genießt Franciacorta als Reisedestination noch immer den leisen Ruf als Geheimtipp.
Ob du also feierlich eine Flasche Franciacorta öffnest oder dir gleich vor Ort ein Bild machst: Die Geschichte dieses Weins hält garantiert ein Happy End bereit für dich und deine Liebsten. Cin cin!
Appetit auf mehr? Findest du in unserer Rubrik Eat & Drink auf faces.ch.
Alle weiteren Informationen findest du auf der Website von Franciacorta.
Fotos: © Franciacorta