Ein ruhiger, junger Mann, der mit seiner Mode eine neue Art von Männlichkeit definiert: Mit Vorbildern wie David Bowie und Pete Doherty vereint Hedi Slimane in seinen Modekreationen Androgynität, Eleganz und Rock and Roll.
Die ersten Schritte
Als Sohn eines tunesischen Vaters und einer italienischen Mutter wird Hedi Slimane am 5. Juli 1968 in der Stadt der Mode geboren: Paris. Aufgrund seiner Liebe zur Fotografie wächst er mit dem Blick durch die Linse seiner Kamera auf und entdeckt nebenbei Indie-Rock und die Undergroundszene für sich: Wilde Frisuren und haufenweise Zigaretten sind jedoch nichts für ihn – Hedi ist lieber Zuschauer der Geschehnisse und wirkt mit seiner dürren und ruhigen Statur eher schüchtern.
Diese weist ihm auch den Weg zur Mode: Er ist so dünn, dass ihm die Kleider von der Stange nicht passen und er seine eigene Mode entwirft.
Die Karriere
Nach dem Schulabschluss träumt Hedi Slimane von einer Karriere als Journalist und beginnt somit das passende Studium; nach einigen Wochen wechselt er jedoch zu Politik und Kunstgeschichte an der Ecole du Louvre in Paris. Nach dem Studium wird er weder Journalist noch Politiker – Slimane widmet sich der Modewelt.
Von 1989 bis 1992 arbeitet er freiberuflich als Art Director und Modelscout für den Pariser Modedesigner José Levy. Eine richtige Modeausbildung kommt für Hedi jedoch nicht in Frage: „Die Ausbildung ist eine Katastrophe für mich, weil sie dich in eine Form presst.“ Trotzdem macht er dank Levy eine wichtige Bekanntschaft mit einem gut vernetzten Mode- und PR Manager: Jean Jacques Picart.
Hedi ist von nun an Picarts engster Assistent und begleitet ihn auf Modeschauen und Ausstellungen bis Pierre Berge, der Lebensgefährte von Yves Saint Laurent, ihn 1996 ins Modehaus YSL holt. Hedis neuer Posten? Chefdesigner der Herrenkollektion!
Bis 1999 revolutioniert Hedi Slimane Yves Saint Laurent. Rock and Roll word High Fashion: Androgyne Models auf den Laufstegen, schwarze Lederjacken, ausgeprägte Taillierung und extraschmale Röhrenjeans sind jetzt die neuen Massstäbe der Herrenmode. Slimanes Inspiration sind Künstler und Gruppen wie David Bowie, die Rolling Stones oder The Clash: „Musik geht für mich eigentlich über alles. Alles, was ich in der Männermode gemacht habe, hat mit Musik und Musikern zu tun.“
Nachdem YSL 1999 an die Gucci-Gruppe verkauft wurde, kündigt Hedi seine Stelle und zieht nach Berlin, um sich der Fotografie zu widmen. Er taucht in die Rock-Kultur ein, entdeckt die Berliner Kunstszene und produziert eigene Fotobücher sowie einen Blog, auf dem er seine Bilder festhält.
Ab Ende 2000 entwirft Slimane für die LVMH-Gruppe und ist nun Chefdesigner für die Herrenkollektionen für Dior Homme – wobei er das Dior-Inventar um einiges erweitert. Es kommen Turnschuhe, Männerpflegeserien, iPod-Halter und Möbelstücke dazu, zudem designt er auch hier für den androgynen Size-Zero-Mann. Karl Lagerfeld ist so sehr von Hedi Slimanes Dior-Anzügen angetan, dass er auf eine strenge Diät geht und 40 Kilogramm abnimmt, um in Slimanes Anzüge zu passen («Wissen Sie, ich bin ein Künstler, Modeschöpfer, Fotograf in dem Körper eines Provinznotars. Ich möchte, dass sie mir helfen, den Körper zu bekommen, der zu mir passt. Und ich möchte die Anzüge von Hedi Slimane tragen können»).
Die Winterkollektion 2007/2008 ist seine letzte im Hause Dior: Er sei in einer Sackgasse und könne seinen eigenen Stil nicht mehr weiterentwickeln. Nach langen Diskussionen verlässt er Dior und zieht nach Los Angeles – hier widmet er sich wieder der Fotografie und nimmt eine fünfjährige Pause vom Modezirkus.
Im März 2012 ist es Zeit, wieder zurückzukehren – zurück zum Modehaus Yves Saint Laurent. Diesmal erhält Hedi die vollständige kreative Verantwortung und nutzt diese auch: Er beantragt ein Designbüro in L.A., benennt das Modehaus in „Saint Laurent Paris“ um und kreiert ein ganz neues Image der Marke. Mit diesem Wandel beschafft er dem Unternehmen laut der Financial Times Umsatzzuwächse von 353 Millionen Euro im Jahr 2011 und auf bis zu 974 Millionen Euro im Jahr 2015. Hedi beendet seine Zeit bei Saint Laurent im März 2016 und pendelt seitdem zwischen Paris und L.A., um bei kleinen Fotografie-Projekten mitzuwirken.
Seit 2018 ist Hedi Slimane nach Phoebe Philo der neue Artistic, Creative und Imagedirector für LVMH Celine und präsentiert auch hier seine Ästhetik für Mode und Design – wobei er jedoch ordentlich auf Kritik stossen muss. An Phoebe Philos sanfte Farben und Schnitte gewöhnt, werden Hedis harsche Looks nicht wirklich gut in der Modewelt aufgenommen – statt sophisticated und elegant sei es eher eine zweite Version von Saint Laurent. Zudem fällt auf, dass er auch hier gerne mit dem Markennamen spielt und seine Spuren hinterlässt: aus “Céline” wird so schnell “Celine” wie aus “Yves Saint Laurent” “Saint Laurent” wurde. Dennoch bereichert er das Modelabel weiterhin mit vollen Boutiquen, ausverkauften Kollektionen sowie ordentlich Aufsehen und macht das, was er am besten kann – Mode und Fotografie: “The less I explain, the better I do. Honors are important for others. What interests me, is doing things”.