„Schön ist nicht genug“, sagt Designerin Anastasia Kiefer und spricht damit eine Herausforderung ihres Berufes an. Unter ihrem 2016 gegründeten Label Anastasia Kiefer Couture entwirft die gebürtige Russin Roben und Kleider, die Augen zum Glänzen bringen.
FACES: Weshalb haben Sie 2016 Ihr Label gegründet?
Anastasia Kiefer: Ich habe seit meiner Kindheit Kleider gezeichnet. Leider wurde in der ehemaligen Sowjetunion, wo ich geboren und aufgewachsen bin, so ein Beruf wie „Modedesignerin“ damals nicht ernstgenommen. Darum musste ich mich für ein anderes Studium entscheiden. Die Liebe zu den schönen Kleidern ist aber geblieben und immer wieder zum Vorschein gekommen: Jedes Mal, wenn ich zu einem Anlass eingeladen war, habe ich meine Kleider selber entworfen. Die Kreationen waren immer so speziell und ausgefallen, dass immer mehr Frauen auf mich zugekommen sind und wissen wollten, was für ein Label ich tragen würde. Sie waren alle sehr enttäuscht zu erfahren, dass man die Kleider nicht kaufen konnte. Schlussendlich hat mein Umfeld mich dazu motiviert, ein eigenes Label zu gründen, damit auch andere Frauen an meinen Kleidern Freude haben können.
F: Sie sind in Moskau geboren und aufgewachsen. Wer hat modetechnisch die Nase vorn: Russland oder die Schweiz?
AK: Die Schweiz ist weltbekannt für Uhren, Käse, Schokolade und ihre „Schweizer Qualität“. Mit Mode bringt man die Schweiz leider nicht in Verbindung. Ich denke, das soll sich nun sehr bald ändern. Mein Team und ich arbeiten auf jeden Fall sehr hart daran, dass Haute Couture und Prêt-à-porter aus der Schweiz bald weltweit auch ein Begriff werden. Was Russland betrifft, gibt es mehrere Designer, die national und auch international bekannt sind – nicht nur in Prêt-à-porter, sondern vor allem in der Haute Couture. Immer mehr neue Designer kommen dazu. Die Branche boomt.
F: Was ist an Ihrer Mode typisch russisch und was typisch Schweizerisch?
AK: Typisch russisch sind die Eigenschaften der russischen Seele: Es ist das Unfassbare und Grenzenlose, die Grosszügigkeit, Furchtlosigkeit und eine gewisse Unberechenbarkeit. Und die Schweizerin in mir sorgt dafür, dass diese ungehaltenen Fantasien und Ideen in vernünftige Bahnen verlaufen, dass meine Mode auch praktisch, zeitgerecht und tragbar ist.
F: Was ist die grösste Herausforderung Ihrer Arbeit als Designerin?
AK: Genau das ist die grösste Herausforderung: die grenzenlose Fantasie mit dem Alltag zu verbinden.
F: Wie wichtig sind Trends in der Haute Couture?
AK: Ich folge generell keinen Trends, muss aber als Designerin trotzdem informiert sein über die Entwicklung der Mode. Was ich dann mit diesem Wissen mache, ist mir überlassen.
F: Welchen Fehler sollte man bei der Wahl eines Abendkleides vermeiden?
AK: Das perfekte Abendkleid soll die Schönheit der Frau, die es trägt, unterstreichen, ihre natürlichen Farben und Formen. Die unvorteilhaften Linien müssen dagegen kaschiert werden. Viele Frauen wissen leider über ihre Vorteile nicht immer Beschied, darum ist die richtige Beratung in diesem Geschäft sehr wichtig. In einem perfekten Abendkleid soll jede Frau atemberaubend aussehen. Nur schön ist nicht gut genug. Es muss atemberaubend sein.
F: Sind bestimmte Regeln bei der Wahl eines Kleides für einen Anlass noch zeitgemäss? Etwa, auf einer Hochzeit auf keinen Fall Rot oder Schwarz zu tragen?
AK: Es gibt ungeschriebene Regeln, die eher mit gesundem Menschenverstand zu tun haben. Bei einer Hochzeit sollte man Weiss vermeiden, sofern die Braut auch Weiss trägt. Schwarz ist kein Problem, wenn man es mit farbigen Accessoires ergänzen kann. Wenn man aber auf Nummer sicher gehen will, sollte man am besten die Braut fragen, wie sie Ihre Gäste sieht.
F: Wie findet man das richtige Kleid für einen entsprechenden Anlass?
AK: Unser Label ist mit der aktuellen Prêt-à-porter-Kollektion momentan in mehreren Boutiquen in der Schweiz und Liechtenstein vertreten, die Adressen dieser Boutiquen finden Sie auf unserer Website. Für Haute Couture empfangen wir die Kunden in unserem Atelier in Zürich am Rennweg 12.
F: Wovon lassen Sie sich für Ihre Designs inspirieren?
AK: Viele meiner Inspirationen kommen aus meiner Kindheit in Russland: die Mode der vergangenen Jahrhunderte, das klassische Ballett, die Märchen, die russische Poesie, die Musik.
F: Woher beziehen Sie Ihre Stoffe?
AK: Wir legen sehr grossen Wert auf die Stoffwahl. Für unsere Kleider, nicht nur in der Haute Couture, sondern auch im Prêt-à-porter Bereich, verwenden wir meistens natürliche Materialien: Seide, Cashmere, Leinen, Baumvolle. Unsere exklusiven Stoffe wie Spitze, Chiffon, Organza, Samt, Jacquard und viele andere kommen von den besten Produzenten weltweit.
F: Wer sind Ihre Kunden?
AK: Meine Kundin ist eine selbstbewusste anspruchsvolle Frau, die sich selbst liebt und schätzt. Ihr Geschmack ist sehr einfach: Sie ist nur mit dem Besten zufrieden.
F: Welche Designs sind am meisten gefragt?
AK: Das Kleid muss dem Anlass entsprechen. Auf dem Red Carpet braucht es ein anderes Modell als bei einem Ball, wo man zum Tanzen hingeht. Aber generell gilt: Auffallend schön muss es sein und tragbar zugleich.
F: Was ist der Vorteil von massgeschneiderter Couture im Vergleich zum Kleid von der Stange?
AK: Ein Haute-Couture-Kleid nach Mass sitzt perfekt und zwar bei jeder Bewegung. Es gibt es nur ein Mal, ist speziell für Sie gemacht, und auf Ihre Bedürfnisse abgestimmt. Aufwendig verarbeitet mit viel Liebe zum Detail und in Handarbeit. Ein Couture-Kleid ist nicht nur ein sehr exklusives Kleidungsstück, es ist ein Erlebnis. Diesen Luxus soll sich jede Frau ab und zu gönnen.
F: Wann tragen Sie Ihre eigene Kleidung?
AK: Ich trage nicht nur bei gesellschaftlichen Anlässen meine Couture-Kleider selber, sondern versuche auch im Alltag so gut es geht unsere Prêt-à-porter-Kollektionen zu tragen.
F: Wenn Sie etwas an der Modebranche ändern könnten, was wäre das?
AK: Ich würde die Winterkollektionen nicht im Sommer in die Läden bringen, sondern erst ab Anfang September. Winterkleider in den Schaufenstern sehen bei dreissig Grad Hitze, nett ausgedrückt, komisch aus.
F: Ihr Label gibt es erst seit knapp einem Jahr auf dem Markt, dennoch ist es schon so erfolgreich. Was ist Ihr Geheimnis?
AK: Talent und Leidenschaft reichen für Erfolg nicht aus. Sie sind nichts ohne harte Arbeit und Disziplin. Und der Glamour dieses Berufes, die Prominenz, die wir einkleiden, ist nur die Spitze des Eisbergs. Es kann niemand ahnen wie viel Arbeit dahinter steckt.
F: Apropos Prominenz: Ihre Kreationen sind bei der Schweizer Prominenz und Presse sehr beliebt. Gibt es einen internationales Star, den Sie gerne einkleiden würden?
AK: Es gibt so viele schöne Stars, aber wenn ich heute jemanden auswählen müsste, würde ich mich spontan für Monica Bellucci entscheiden. Sie würde atemberaubend aussehen in einem Abendkleid von Anastasia Kiefer!
Alle Kollektionen und Informationen zu Anastasia Kiefer Couture finden Sie online unter www.anastasiakiefer.com, oder besuchen Sie Anastasia Kiefer Couture auf Instagram @anastasiakiefercouture.