Der Ritter weicht den Gründer-Initialen und der Brite dem Italiener: Viel los bei Burberry, dem englischen Modehaus, das sogar die Queen zum Lächeln bringt. Die Geschichte des Trenchcoat-Erfinders beginnt im Regen und endet im Trockenen – zumindest vorerst.
England ist die Nasszelle Europas. 1’500 Millimeter Regen ergiessen sich jährlich auf Schottland, Wales und alles, was sich zum Vereinigten Königreich zählt. Dazu gehört auch Keighley, ein Ort, den man dank über 51’000 Einwohnern ruhig als Stadt bezeichnen könnte. Vor 140 Jahren ist Keighley noch kleiner, noch nasser und doch um einiges berühmter als heute. Thomas Burberry ist es 1879 nämlich leid, ständig pudelnass durchs englische Mittelland zu spazieren. Ein Umstand, den er zu ändern weiss: Burberry entwickelt die Gabardine, ein atmungsaktives, wasserabweisendes und enorm robustes Gewebe, das er wenig später patentieren lässt. Der Junge, der Burberry 1856 mit nur 21 Jahren als absoluter Grünschnabel gründet, macht mit seiner Erfindung aus Regenbekleidung richtige Mode. Das weiss er damals jedoch noch nicht. Denn erst stapft der forschende Nobelpreisträger Dr. Fridtjof Nansen in Burberrys Bekleidung über die Polarkappe, und Edward Maitland stellt darin 1908 den Weltrekord für den längsten Langstreckenflug mit einem Heissluftballon auf. Aus der Weberei Burberry wird mit der Zeit ein richtiges Modelabel, das spätestens mit dem neuen Logo – einer Ritterrüstung, die über einen öffentlichen Designwettbewerb ausgewählt wird – landesweit jeder kennt.
Burberry: Vom Schützengraben auf den Laufsteg
Donnernde Gewehre, Rauch und mittendrin Burberrys Trenchcoat: Im Ersten Weltkrieg kämpfen Soldaten im mit Epauletten und D-Ringen zum Befestigen von Waffen versehenen Mantel im Schützengraben und auf dem offenen Feld. Wind- und Regenblende schützen Tapfere genauso vor dem garstigen Wetter wie wenig später auch die feine Gesellschaft, die den Trench mittlerweile mit kariertem Innenfutter spazieren führt. Kostenloses Marketing für den Mantel leisten Filme wie „Casablanca“ oder „Breakfast at Tiffany’s“ sowie Königin Elisabeth II., die Burberry in den 50ern zum königlichen Hoflieferanten ernennt – ein Ritterschlag. Der majestätische Support kurbelt das Geschäft soweit an, dass Mitte der 60er bereits 20 Prozent aller exportierten Mäntel auf Burberrys Konto gehen. Der Trenchcoat ist das Zugpferd, aber Schuhe, Taschen und andere Kleidungsstücke hieven das englische Label auf den Londoner Laufsteg. 2001 holt Burberry den Briten Christopher Bailey weg von Gucci ins eigene Haus, wo der Designer als Oberster im Gefilde 17 Jahre lang bleibt.
Burning barn
Mit Christopher Bailey als neuem Chefdesigner gibt sich Burberry einen Ruck und lässt sich an der Börse notieren. Das erhöht den Druck und stillt die Neugier, die Fans und Aktionäre umtreibt wie die Gerüchte im englischen Palast. Bailey entrümpelt erst mal die Rumpelkiste und bringt neue Ideen auf den Tisch: 2010 ist Burberry das erste Label, das seine Laufstegshow live im Netz überträgt. Zwei Jahre danach postet er jeden Look vor Erscheinen auf dem Laufsteg auf Twitter, und nochmals später ist Burberry Vorreiter darin, seine Kollektion direkt nach der Show zum Verkauf anzubieten. See-now-buy-now ist geboren und Burberry im neuen Zeitalter angekommen. Neue Konzepte bringen neue Probleme. Das Modekarrussell dreht immer schneller und schmeisst mit Resort- und Pre-Collections massig Kleidung auf den Markt. Die Folge: Überschuss-Ware, die Burberry aus Angst vor Reputationsverlust Jahr für Jahr vernichten lässt. Die Bücher belegen es, und natürlich ist das Label nicht das einzige, das sich so von seinen Kollektionen trennt. Dennoch, der Aufschrei ist gross, als Mitte 2018 eine Zahl die Headlines schmückt: Kleidung und Accessoires im Wert von 29 Millionen Pfund verbrennt Burberry im laufenden Geschäftsjahr.
Der Italiener in England
Der mediale Shitstorm sorgt für Umdenken. September 2018, Burberry wiegelt ab und gelobt Besserung. Die Überschussware reduzieren, deren Entsorgung nachhaltiger gestalten, Lederreste spenden und die aus der Verbrennung gewonnene Energie weiterverwerten. Gut klingende Worte, die den Umstand, dass Burberry laut BBC in den vergangenen fünf Jahren für das Zerstören seiner Waren rund 94 Millionen Pfund ausgegeben hat, leider nur wenig mildert. Doch wo Versprechen keimen, wächst auch die Neuerung. Kein Echtpelz mehr, ein neues Logo samt Monogramm, die Übergabe der Beauty-Sparte an Coty und ein neuer Designer in der Chefkabine – wenn Burberry-CEO Marco Gobbetti aufräumt, dann richtig. Der Ritter weicht den Initialen des Gründers Thomas Burberry als Logo und der Brite dem Italiener: An Christopher Baileys Position rückt Riccardo Tisci, der für die SS19-Kollektion diesen Herbst zum ersten Mal ran darf. Das Rad rollt bei Burberry, Neues kommt, Altes geht und Traditionelles bleibt: Denn am klassischen Trenchcoat will sich auch der Neue nicht die Finger verbrennen.
Burberry’s Klasiker: Der Trenchcoat
Thomas Burberry entwickelt 1879 die Gabardine, ein Gewebe, das die Regenbekleidung revolutioniert. 1912 lässt Burberry den „Tielocken“, den Vorgänger des späteren Trenchs, patentieren. Geschlossen wird der Mantel mit einem Taillengürtel anstatt wie bis anhin mit Knöpfen, zudem gehören Schulterklappen, ein Gehschlitz, die doppelreihige Knopfleiste, der Goller (eine zusätzliche Rückenverstärkung) sowie das Karo-Futter in Camel, Rot und Schwarz dazu. Alle Trenchcoats bestehen aus der wasserabweisenden Gabardine und durchlaufen in Burberrys Produktionsstätten in Castleford 127 Produktionsschritte.
Hier findest du die Gucci Style Story.