Bye bye, tschüss und ciao – wir sind dann mal weg. Und zwar in den Cabins des Berliner Startups Raus. Ein bis zwei Stunden von der deutschen Hauptstadt entfernt, finden wir uns in stylischen Tiny Houses wieder, deren Interieur mehr an ein Boutique-Hotel erinnert als an eine einfache Waldhütte. Den drei Schulfreunden Julian Trautwein, Christopher Eilers und Johann Ahlers haben wir die Erholung inmitten der Natur zu verdanken, wo auch vielbeschäftigte Großstädter einfach mal Pause machen können.
Interview: Marina Warth – Fotos: Raus
FACES: Wie sind Sie zur Hotellerie gekommen?
Julian Trautwein: Ich bin durch Airbnb in der Reise- bzw. Hospitality-Branche gelandet. Das war vor acht Jahren, als das Unternehmen nach Deutschland bzw. Europa kam. Zuletzt war ich Global Head of Communications & Brand bei Tourlane; ich habe also einen digitalen Background, was das Gastgewerbe betrifft.
F: Wie beschreiben Sie Ihr Hotel in einem Satz?
JT: Raus ist ein Hospitality-Tech-Startup, das mit zeitgemäß designten, nachhaltigen Cabins Stadtbewohnerinnen und Stadtbewohnern die Möglichkeit bietet, spontan und unkompliziert eine Auszeit inmitten der Natur zu nehmen.
F: Von der Idee übers Konzept bis zum vollendeten Hotel: Wie lange haben Sie für diesen Weg gebraucht?
JT: Wir drei Gründer, Christopher, Johann und ich, sind langjährige Freunde und kennen uns bereits aus Schultagen. Von daher ging alles relativ schnell. Sobald die Idee feststand, haben wir eigentlich auch direkt damit begonnen, die erste Cabin auf den Weg zu bringen. Ich glaube, das ist alles innerhalb von sechs Monaten passiert: die Gründung, die erste Finanzierungsrunde und der Launch im vergangenen Oktober.
F: Weshalb sollten wir unbedingt bei Ihnen absteigen?
JT: Bei uns geht es darum, seine ungeteilte Energie, Aufmerksamkeit und Zeit an unberührte Orte zu verlegen – physisch wie mental. Nirgends kann man so gut Abstand gewinnen und zu sich selbst finden wie in der Natur. Vor allem, wenn man vor Ort alles hat, was man braucht und nichts, was man nicht braucht.
F: Woran müssen Hoteliers denken, worüber sich andere keine Gedanken machen?
JT: In unserem Fall geht die komplette Guest-Experience über einen Aufenthalt hinaus. Unsere Cabins befinden sich an abgelegenen Orten, die wir erst kurz vor Reisebeginn an den Gast kommunizieren. Einige Standorte sind autark, andere wiederum an das Strom- und Wassernetz angebunden. Im Hintergrund bedeutet das für uns viele komplexe Strukturen, wenn es darum geht, die Cabins – die alle verschiedene Voraussetzungen mitbringen – zu bauen, auszustatten, zu warten, zu betreiben und Gästen ein einzigartiges Erlebnis zu bieten.
F: Worüber machen Sie sich zu viele Sorgen?
JT: Generell mache ich mir wenige Sorgen. Was mich aber tatsächlich viel beschäftigt, ist innovative, kreative Ideen und Ansätze zu finden, wie wir das „Raus-Erlebnis“ für unsere Gäste noch besser machen können. Mein Anspruch ist es, da wirklich neu, weiter und vor allem outside the box zu denken.
F: Wie sind Sie als Chef?
JT: Dankbar für ein tolles Team und demütig, überhaupt das machen zu können, was wir machen. Ich glaube, ich bin aber auch sehr fordernd darin, wie ich unsere Vision und unser Business vorantreibe. Das liegt aber auch daran, dass so viele Dinge, die wir angehen, total viel Spaß machen und man dort natürlich kontinuierlich anknüpfen will.
F: Welche Eigenschaften braucht ein guter Gastgeber?
JT: Herzlichkeit, Menschenkenntnis und Einfühlungsvermögen.
F: Was mögen Sie an Gästen am meisten?
JT: Da wir Raus erst im Oktober 2021 gelauncht haben, sind wir nach wie vor total neugierig, wie die Gäste ihren Aufenthalt erleben. Von daher freuen wir uns im ganzen Team immer sehr über Gäste, die mit uns in den Austausch gehen. Zum Beispiel erhält jeder Gast nach Check-in eine persönliche Nachricht, nichts, was automatisch generiert wäre. Wenn wir daraufhin hören, dass schon der erste Spaziergang unternommen wurde oder andere wiederum gemütlich vor dem Kamin sitzen, freuen wir uns immer mit. Außerdem schätzen wir aufrichtiges Feedback sehr. Wir sind froh, wenn die Leute ihre Eindrücke mit uns teilen und Ideen vorbringen. Oft erhalten wir Fotos oder auch Rückmeldungen auf unsere Newsletter, da kommt häufig schon ein richtiges Community-Gefühl auf, was super schön ist und uns weiterbringt.
F: Was können Sie bei Gästen nicht leiden?
JT: Es ist weniger der Gast an sich, als das Gefühl, das bei mir zurückbleibt, wenn einmal eine Beschwerde reinkommt. Bisher ist das zum Glück nur selten vorgekommen, aber ich frage mich dann im ersten Moment, bevor wir die Kritik konstruktiv verarbeiten: Haben wir etwas nicht richtig kommuniziert? Hätten wir da anders vorbereitet sein sollen? Ich kann es in dem Sinne also nicht leiden, Dinge nicht vorhergesehen zu haben oder dass manch eine Situation auch einfach nicht kontrollierbar ist.
F: Was ist Ihr Anspruch an Ihr Hotel, und wie haben sich die Ansprüche Ihrer Gäste in den vergangenen Jahren verändert?
JT: Wir denken immer aus der Perspektive des Gastes und fragen uns, wie wir den Leuten einen magischen Aufenthalt bieten können. Mein Anspruch ist da wahnsinnig hoch, wir wollen die Menschen überraschen und ihnen eine Erfahrung bieten, die ihre Erwartungen übertrifft. Wir kennen auch schon viele beim Namen; unsere allerersten Gäste haben zum Beispiel eine handgeschriebene Weihnachtskarte erhalten. Ganz grundsätzlich hat sich in der Tourismusbranche der Anspruch dahingehend verändert, dass Menschen nachhaltig reisen möchten und eben auch entsprechende Gegebenheiten von ihrer Unterkunft erwarten.
F: Als Hotelier und Gastgeber erleben Sie einen spannenden Alltag. Welche Geschichte müssen Sie uns unbedingt erzählen?
JT: In unseren Cabins machen viele Gäste so manche Dinge zum allerersten Mal oder stoßen auf bisher Ungewohntes, zum Beispiel auf wenigen Quadratmetern zu leben, eine nachhaltige, moderne Trockentoilette im Bad zu haben oder ein Kaminfeuer zu machen. Da ergeben sich schon viele nette oder lustige Situationen, und eines kann ich verraten: Wir sind inzwischen Profis, wenn es darum geht, Gäste anzuleiten, wie man ein Feuer macht.
„Vor Ort hat man alles, was man braucht und nichts, was man nicht braucht.“
F: Was halten Sie von Airbnb?
JT: Dort zu arbeiten, war eine extrem spannende Zeit, und bis heute bewundere ich viele kreative Ansätze und Methoden von Brian, Nate und Joe. Airbnb hat definitiv extrem viel Einfluss darauf, wie wir heutzutage reisen, was wir von Unterkünften erwarten und wie man Gastfreundschaft revolutionieren kann.
F: Worauf achten Sie, wenn Sie selber auswärts übernachten?
JT: Die besten Gastgeber überraschen Gäste mit etwas Unerwartetem – und wenn es nur eine Kleinigkeit ist, aber diese Momente machen einen Aufenthalt unvergesslich. Neben gutem Service und zuvorkommendem Personal, achte ich tatsächlich auch sehr auf das Bett: Da hoffe ich immer, dass die Matratze nicht zu weich ist und die Decke bequem.
F: Welches ist das beste Hotel der Welt, in dem Sie bereits übernachtet haben?
JT: Ich hatte das Glück, während meiner Zeit bei Airbnb in vielen außergewöhnlichen Unterkünften auf der ganzen Welt übernachten zu können. Deshalb weiß ich auch, dass eine einzigartige Lage und Aussicht signifikant sind, wenn es darum geht, wie man einen Urlaub in Erinnerung behält. Zu den Hotels, die ich besonders toll finde, zählen das Pensão Agrícola in Portugal, das Lazy Beach auf Koh Rong Samloem in Kambodscha und das La Granja auf Ibiza.
F: Welches Hotel würden Sie selber gerne besitzen?
JT: Das Reschio in der Toskana, das sieht unglaublich aus.
F: Wo steht Ihr eigenes Bett?
JT: Ehrlich gesagt: Seit wir zu dritt sind, bin ich nicht ganz sicher, ob ich überhaupt von meinem „eigenen“ Bett sprechen kann, da mein kleiner Sohn häufig mit uns darin schläft.
Das sagt Julian Trautwein zu…
Kreuzfahrt-schiffen…
Aus einer anderen Zeit. Wann wird das endlich disrupted?
Dresscodes…
Jeder nach seiner Facon.
All inclusive…
Hat, seitdem ich selbst einen Sohn habe, eine GANZ andere Bedeutung für mich.
Trinkgeld…
Bitte üppig!
Hunden im Restaurant & im Hotel…
Always Welcome.
Kindern im Restaurant & im Hotel…
Machen den Ort definitiv lebhafter und sorgen bei den meisten Leuten – sei es Personal oder Gast – für ein Lächeln.
Animateuren…
Im Prinzip haben im Gastgewerbe alle ein- und dasselbe Ziel: Leuten eine tolle Zeit zu bereiten – egal ob Animateurin oder Animateur, Küchenchefin oder Küchenchef oder Rezeptionistin oder Rezeptionist.
Buffet-Essen…
Kommt darauf an, wer gekocht hat.
TripAdvisor…
Hat mich bis jetzt meistens nur in die langweiligsten Läden geführt.
Online Travel Agenten…
Geben noch viel zu häufig den Ton an. Bis jetzt sind wir nicht auf sie angewiesen. Sharing Economy… Is here to stay.
Nachhaltigkeit…
Ohne die Welt sind wir alle nichts.
Influencern…
Behandeln wir mit der gleichen Hingabe wie jeden anderen Gast.
Fachkräftemangel…
Ich schätze, es muss sich grundsätzlich etwas ändern, wenn es darum geht, wie wir bestimmte Branchen, Berufsgruppen und Aufgaben bewerten bzw. wertschätzen.
Sternen…
Braucht kein Mensch.
Für mich zeichnen sich die besten Hotels nicht durch Standardisierung aus, sondern durch
Einzigartigkeit.
Raus
Ständig auf 180, mit beiden Beinen auf dem Gaspedal und mit dem Kopf im Übermorgen: Wir brauchen eine Auszeit.
Und die liefern uns Christopher Eilers, Johann Ahlers und Julian Trautwein in der Nähe von Berlin mit ihren Cabins: gemütliche Kabinen, die rein optisch mehr mit einem Boutique-Hotel denn mit einer Waldhütte gemein haben, irgendwo im Nirgendwo maximal zwei Stunden weg von Berlin, Rückzugsorte für Menschen, deren Puls ständig Salsa tanzt. Spontan und unkompliziert kann man sich für mindestens zwei Nächte
in den Cabins von Raus einquartieren, lernen, wie man selber ein Feuer macht, und dass es zum Leben eigentlich gar nicht so viel braucht – und zum Glücklichsein. Beim Bau ihrer Cabins haben die drei Freunde Nachhaltigkeit ins Zentrum gestellt, auf natürliche und recycelte Materialien gesetzt und ihre Unterkünfte etwa mit eigenen Wassertanks, Komposttoilette und Solarzellen ausgestattet. Holzfassade mit Panorama-fenster, Holzofen und Sonnenterrasse, ein komfortables Bett und Natur satt sorgen dafür, dass man sich hier einfach mal fallen lassen kann. Und bevor Stadtmenschen in Schnappatmung verfallen:
Ja, auch WLAN ist vorhanden.
Raus, Berlin, Deutschland, ab ca. 160.– bei einem Mindestaufenthalt von zwei Nächten, raus.life/de/
Julian Trautwein
Er hat schon viele spektakuläre Unterkünfte gesehen, Zeit eine eigene zu kreieren: Gemeinsam mit seinen beiden Schulfreunden Christopher Eilers (Mitte) und Johann Ahlers (rechts) spinnt Julian Trautwein die Idee von der kleinen Auszeit. Kabinen abseits der Stadt sollen es sein, umgeben von Natur, schick, stylisch, ohne Schnickschnack und nur mit dem ausgestattet, was es tatsächlich braucht, um sich zu entspannen. Ende 2021 gründen sie ihr Startup Raus, arbeiten für ihre Cabins mit Landwirten, Waldbesitzern, Obstbauern oder Winzern zusammen und lassen die Unterkünfte nach ihren eigenen Vorstellungen produzieren. Trautwein weiß, wie bei Startups der Hase hoppelt, hat er davor doch als Pressechef des Reise-Startups Tourlane und der deutschen Niederlassung von Airbnb gearbeitet. Dieses Know-how, gepaart mit den Erfahrungen seiner Freunde aus der Immobilienbranche und der Vermögensverwaltung, sichert Raus einen fulminanten Start.